Die Zeit vor der Operation Teil 1
Donnerstag, der 14.06.2007 Zusammenfassung der letzen 2 Wochen
zweites Staging:
Nach 3 Tagen Restaging im Krankenhaus (vom 11. – 13. Juni) liegen nun die Ergebnisse vor. Diesmal lagen sie unterhalb meiner wohl zu hochgesteckten Erwartungen. War beim letzten Restaging von dem ursprünglich 6 cm großen Tumor nur noch „ein Zipfelchen“ zu sehen, so sind jetzt nach Aussage meines Führungsarztes nur noch „Reste des Tumors“ zu sehen. Ob sich die Situation durch das Einschieben eines dritten Chemozyklus vor der Operation weiter geringfügig verbessert hat, werde ich beim nächsten Arztgespräch erfragen *. Klar ist jedoch schon jetzt, dass mein Ziel durch diesen dritten Chemozyklus „ALLES“ an Krebs loszuwerden noch nicht erreicht wurde. Damit bestätigt sich auch meine Information aus dem Internet, welche besagt, dass beim ersten Chemozyklus ca. 90 % der Wirkung erziehlt wird, im zweiten noch ca. 9 % und im dritten ca. 0,9 %. Bei genauer Berechnung bedeutet dies, dass bei nahezu jeder Chemotherapie ein kleiner Rest an Krebs übrigbleibt – daher ist die Chemotherapie wohl auch in den meisten Fällen aller Krebserkrankungen nicht ausreichend, um einen Tumor ganz loszuwerden. Dennoch kann ich froh sein, dass die Chemotherapie so gut angesprochen hat und somit bessere Bedingungen für eine R0 Resektion geschaffen wurden. Darüberhinaus habe ich wieder wichtige Zeit gewonnen, um meinen Körper fit zu machen für die Operation und wichtige Dinge zu regeln.
Die letzten zwei Wochen …
… verbrachte ich unter anderem damit, aus dem Tief der letzten Chemotherapie herauszukommen, wichtige Dinge zu klären und mich über Operationstechniken zu informieren. Einiges wollte mir nicht so gelingen, wie ich es mir vorgestellt hatte:
Zur Operation:
Zwei dicke Wälzer über Chirurgie und das medizinische Wörterbuch Pschyrembel haben mein Bücherregal (nebst handelsüblicher Krebsliteratur) um ein paar Kilo schwerer gemacht und meinen Geldbeutel um knapp 300 Euro leichter. Die in den Chirurgiebüchern beschriebenen Operationstechniken richteten sich scheinbar an Medizinstudenten. Ich vermisse viele Informationen über die Operationsdetails und vor allem eine komplette Beschreibung der Operation mit allem, was gemacht wird. Es muß ausserhalb des Buchhandels (vielleicht an den Universitäten) andere Quellen geben, an welche ein Laie nicht herankommen kann. Ich ergänzte noch einiges an Informationen aus dem amerikanischen Internet. So bin ich zumindest zu einer Art groben Übersicht über die mir bevorstehende Operation gekommen.Ein erstes Gespräch mit dem Chefarzt der Klinik hatte ich auch schon, welches ich mit meinem Achtelwissen wohl zu sorgfältig vorbereitet hatte. Bei unserem vereinbarten Gespräch kam er gerade aus einer Operation. Er war sehr klar und nett, aber es blieb zu wenig Zeit, um all meine Fragen beantwortet zu bekommen. Sicher hatte ich auch zu detailliert und unstrukturiert gefragt, mein Fragebogen war zum Teil auf Grundlage von Tipps zur Ärztebefragung des amerikanischen EC-Cafes enstanden. Am Ende meinte der Chefarzt, ich solle doch etwas mehr Vertrauen haben. Die Amerikaner gehen scheinbar anders damit um als wir. Aber ich muss Fragen! Ich weiß schon zu viel, dass ich jetzt auf halbem Wege noch kehrtmachen könnte. Ich habe die wichtigsten Fragen nun neu überdacht und werde mich beim nächsten Arztgespräch mit dem Oberarzt auf wenige wesentliche Punkte konzentrieren, welche ich aus meinen Büchern und im Internet nicht erfahren konnte.Ganz grob zusammengefasst wird die mir bevorstehende Operation ein sogenannter „Zwei-Höhleneingriff“ sein, bei welchem ein großer Schnitt am Magen und einer an der rechten Seite meines Brustkorbes gemacht wird. Das Ziel der Chirurgen ist eine sogenannte RO-Resektion, also die Entfernung des kompletten Gewebes, welches vom Krebs befallen ist (in meinem Fall WAR) und ein Stück darüberhinaus. Es werden alle Lymphstränge entfernt, welche mit meiner Speiseröhre zu tun haben (knapp 30 Stück nach meinen Informationen). Es braucht dazu viel Platz beim Operieren, daher ist der „Zwei-Höhleneingriff“ wohl die beste Alternative zu anderen Schnitttechniken, welche vermutlich noch grössere Operationswunden bedingen. Dabei wird ein „Hochzug des Magens“ durchgeführt, wobei der Magenschlauch geformt und an das verbleibende Stück Speiseröhre angenäht wird. Dabei werde ich vermutlich ca. ein Drittel oder die Hälfte meines Magens verlieren. Ach ja, um überhaupt an alles ranzukommen müssen einige Rippen aus dem Wege geschafft werden und ein Lungenflügel muss „abgeklemmt“ werden. Soviel dazu im ganz Groben…
Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten – Testament:
Leider ist es unvermeidlich sich in dieser Situation mit dem möglichen Folgen der Operation und dem möglichen Tod zu beschäftigen. Erst hatte ich es mir einfach gemacht und eine vorformulierte Patientenverfügung zum Ankreuzen ausgefüllt. Später las ich im Internet, dass die Ankreuzvariante nicht den Formvorschriften genügt und somit ungültig sein könnte. Also standen nochmals Recherchen an, um eine individuelle Patientenverfügung nebst den noch wichtigeren Vorsorgevollmachten aus möglichst einer Hand zu bekommen. Ich fand ein Angebot im Internet, welches aus online-angekreuzten Textbausteinen eine individuelle Patientenverfügung macht und die dann gegen eine geringe Gebühr nebst den dazugehörigen Vorsorgevollmachten auf dem Postwege zugesandt wird. Mein Testament steht noch aus.
Mein Tief:
Es ist nicht meine Einstellung, welche gelitten hat – es ist meine Seele, welche keine richtige Freude mehr hatte. Sicher hat die Beschäftigung mit den oben erwähnten Angelegenheiten damit zu tun. Auch haben mir die düsteren Prognosen und das Stöbern in den einschlägigen Foren des Internets in letzter Zeit nicht gut getan. Mittlerweile weiß ich auch genug Schlimmes und es fängt an, sich zu wiederholen – ich muss es dosieren! Ich beschloß, mich weniger im Internet aufzuhalten und diesen formalen Kram (welcher sich mit schlimmen möglichen Folgen meiner Operation oder mit meinem Ableben befasst), bald zu Ende zu bringen um mich besser zu fühlen.
Mein Hoch:
Ist mein Körper und mein kleines Sportprogramm! Hier ist alles im Plan. Ich mache wieder mein Bodybuilding, gehe Schwimmen und war gestern das erste Mal mit dem Rad unterwegs (15 km). Ich habe zwar noch kaum Ausdauer, aber mein Körper sieht von Tag zu Tag stabiler aus und ich fühle mich wieder gut ihn ihm. Jetzt habe ich fast 72 Kilo (bei einer Körpergrösse von 176 cm) netto – das ist das Ergebnis meines erfolgreichen Diätplanes. Vielleicht gelingt es mir noch mit 74 Kilo in die entscheidende Operation zu gehen.* Donnerstag, der 14.06.2007 – AnmerkungEin weiteres Gespräch heute Nachmittag mit meinem Führungsdoktor ergab, dass nur noch schwer etwas vom verbleibenden Tumor zu erkennen war. Es ließe sich nicht mehr feststellen, was nun noch Krebs sein könnte, da man die Zellen in der Wand der Speiseröhre nicht sehen könne. Auf jeden Fall aber habe der dritte Chemozyklus etwas gebracht.